Analytische Ultrazentrifugation – Diffusionsverbreiterung

In der Vergangenheit wurde die Analytische Ultrazentrifugation häufig zur Bestimmung von Diffusionskoeffizienten eingesetzt. Später etablierte sich hierfür die Dynamische Lichtstreuung. Heute spielt die Analytische Ultrazentrifugation nur noch eine untergeordnete Rolle, kann aber in speziellen Fällen wertvolle Dienste leisten:

  • Wenn diffusionskorrigierte Polydispersitäten bestimmt werden sollen,
  • wenn Diffusionskonstanten von Teilchen in Bewegung gemessen werden sollen,
  • wenn Partikel zu klein sind, um mit Dynamischer Lichtstreuung charakterisiert zu werden,
  • wenn multimodale Mischungen untersucht werden sollen,
AUZ-Diffusionsverbreiterung
Sedimentationskoeffizientenverteilung mit Diffusionsverbreiterung

Bei der Analytischen Ultrazentrifugation steht naturgemäß der Transportprozess der Sedimentation im Mittelpunkt. Dabei wird oft übersehen, dass es noch einen weiteren Transportprozess gibt: die Diffusion entlang der durch die Sedimentation entstehenden Konzentrationsgradienten. Beide Prozesse werden durch die 1921 veröffentlichte Lamm-Gleichung berücksichtigt. Im größten Teil des 20. Jahrhunderts war es jedoch nicht möglich, eine globale Anpassung an Lösungen dieser (Differential-)Gleichung vorzunehmen – die Strategie bestand vielmehr darin, beide Prozesse zu trennen, indem entweder Sedimentationsgeschwindigkeitsexperimente bei hohen Drehzahlen und kurzen Versuchsdauern (Unterdrückung von Diffusionseffekten) oder bei niedrigen Drehzahlen und langen Versuchsdauern (Verzögerung der Sedimentation) durchgeführt wurden.

Moderne Computer ermöglichen eine globale Anpassung beider Prozesse; hierfür wurden seitdem viele Softwarelösungen entwickelt. Die klassischen Ansätze, die sich auf einen der beiden Prozesse konzentrieren und spezifische Auswertealgorithmen verwenden, sind jedoch nach wie vor in der Praxis anzutreffen. Am bekanntesten ist das Synthetic-Boundary-Experiment, bei dem eine spezielle Messzelle verwendet wird: Der Analyt wird bei niedriger Drehzahl auf die Oberfläche des Lösungsmittels überschichtet, wodurch eine Grenzfläche gebildet wird, die sich durch Diffusion in das Lösungsmittel ausbreitet. Dieser Prozess wird gemessen und ermöglicht die Berechnung des Diffusionskoeffizienten. Die Gravitationskräfte werden so gering wie möglich gehalten, da die Partikel nicht sedimentieren sollen.

Diffusionsprozesse können jedoch auch an bewegten Grenzflächen analysiert werden, nämlich in einem klassischen Sedimentationsgeschwindigkeitsexperiment. Hier diffundieren die Teilchen entlang des Konzentrationsgradienten an der Sedimentationsfront. Dieses Phänomen bewirkt, dass sich die Sedimentationsfront mit zunehmender Zeit verbreitert. Bei der Umrechnung der Konzentrationsprofile in Sedimentationskoeffizienten, wie in der Abbildung dargestellt, wird deutlich, dass sich die Breite der transformierten Fronten mit der Zeit ändert. Paradoxerweise repräsentieren die breitesten Peaks den Beginn des Experiments und werden mit fortschreitender Sedimentation schmaler. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Sedimentation mit der Zeit geht, die Diffusion jedoch mit der Quadratwurzel der Zeit.

Es gibt klassische und moderne Ansätze, um Diffusion und Sedimentation voneinander zu trennen. Beispielsweise haben wir einen Ansatz entwickelt, um die Beiträge von Polydispersität und Diffusion zur Verbreiterung zu trennen. Daraus lassen sich sowohl die „echte“ Polydispersität als auch der Diffusionskoeffizient ableiten.

Im Prinzip zielten die klassischen Ansätze darauf ab, einen der beiden Prozesse experimentell zu unterdrücken oder zu verstärken und Bewertungsverfahren anzuwenden, die sich auf den interessierenden Prozess konzentrieren. Ausgangspunkt war, dass der jeweils andere Prozess die Bewertung der Zieleigenschaft verfälschte oder überlagerte. Mit der modernen Computertechnik hat sich die Diffusion von einem Hindernis zu einer Informationsquelle gewandelt, die in der globalen Anpassung der beiden gleichzeitigen Transportprozesse enthalten ist.

Weitere theoretische Hintergründe finden Sie auf unserer wissenschaftlichen Website unter www.analytical-ultracentrifugation.com.